Das Buch ist beim Piper Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich.
Sie talkt, geht gerne campen, hat darüber sogar ein Buch geschrieben und ihre Campingsendung im NDR ist absolut sehenswert. Ein definitives Muss für uns, mit ihr ein Interview führen zu wollen.
CWH: Frau Tietjen, wie sind Sie zum Campen gekommen und wohin ging Ihre erste Reise?
BT: Mein allererstes Campingerlebnis hatte ich mit 18. Direkt nach dem Abitur ging es mit der Clique nach Frankreich, an die Atlantikküste – mit einem alten VW-Bus, einem T2. Das war ein richtig kleines Schmuckstück, das die Jungs selber hergerichtet und lackiert hatten. Ein tolles Erlebnis und ein unglaubliches Freiheitsgefühl. Ich komme ja aus einem relativ bürgerlichen Elternhaus – da wurde nicht gecampt, das kannte man 1978 irgendwie noch gar nicht. Für mich war das damals aber die Initialzündung.
CWH: Ab da waren Sie dann eingefleischte Camperin?
BT: Nein, dann gab es erst einmal eine längere Pause, bis ich 1990 meinen Mann kennengelernt haben. Ab da ging es dann aber richtig los. Mein Mann hatte einen selbst ausgebauten VW-Bus, einen T3. Als begeisterter Surfer war er viel mit seinen Freunden unterwegs. Als ich dann von Berlin nach Norddeutschland gezogen bin, waren wir regelmäßig gemeinsam on tour – auf Fehmarn, in Dänemark, an der Ost- und Nordsee. Die Jungs waren surfen und ich habe dabei immer mehr meine Leidenschaft für diese Urlaubsform entdeckt.
CHW: Wie ging es dann weiter, als Ihre Kinder auf der Welt waren?
BT: Da hatten wir zuerst immer noch unseren alten Bus. Mein Mann hatte irgendwie die Kinderbetten ins Auto gebastelt. Unsere Tochter hing dann unter der Decke (lacht). Mit einem Flaschenzug wurde das Bettchen abends runtergelassen und morgens wieder hochgezogen, es sah aus wie ein hängender Käfig. Für unseren Sohn hatte er ein Brett über Fahrer- und Beifahrersitz geschraubt. Das war alles logistisch sehr knapp bemessen. Als die Kinder dann sechs und vier waren, wurde es wirklich zu eng und wir haben uns einen Fiat Ducato gekauft, den fahren wir bis heute, also bereits seit 20 Jahren.
CHW: Steht Ihnen denn inzwischen nicht der Sinn nach einem größeren, komfortableren Modell? Die Auswahl ist ja riesig.
BT: Wir sind jetzt beide 60 und haben in der Tat überlegt, ob wir uns nicht noch einmal ein neues Mobil zulegen sollen. Aber nicht, weil unseres zu klein geworden ist, sondern weil wir es einfach lästig finden, ständig das Bett machen zu müssen. Diese ewige Vorarbeit bis man endlich schlafen kann – Sitze ausklappen, umklappen, Matratze drauf –, da wäre ein Bus mit fertigem Bett schon um einiges komoder. Prinzipiell sind wir aber eher spartanisch. Ein riesiges Wohnmobil mit allem Pipapo, mit Sitzecke, Flatscreen und Mikrowelle brauchen wir definitiv nicht. Das wäre für mich auch gar kein Camping – ich will im Urlaub eben genau das Gegenteil von Luxus. Zu Hause haben wir ja alles, was wir brauchen, und nehmen deshalb immer nur das Allernötigste mit.
CWH: Da würde ich gerne einhaken. Wie funktioniert denn dieses inzwischen breitgefächerte Nebeneinander, auf der einen Seite das ganz Einfache und auf der anderen fast schon purer Luxus?
BT: Camping ist heute einfach nur viel breiter aufgestellt, was ja unserem Fortschritt geschuldet ist. Jeder kann sich inzwischen seine Vorlieben erfüllen – jeder so, wie er eben will. Das reicht vom Fahrradfahrer mit Einmannzelt bis zum Millionenmobil mit Garage und Tiefkühltruhe. Das ist das Schöne an dieser Urlaubsform, diese vielen möglichen Varianten, die alle nebeneinander existieren können – eine wunderbar friedliche Co-Existenz.
CWH: Viele Menschen entdecken das Campen gerade neu für sich, neue Zielgruppen sind dazugekommen. Fällt das auf?
BT: Ich beobachte ja sehr gerne Menschen und schaue, was andere so machen. Da ist mir das natürlich schon aufgefallen. Manche Leute sind teilweise ausgestattet, als würden sie eine Himalaya-Expedition machen, obwohl sie nur auf den Campingplatz nebenan fahren. Manchen sieht man es einfach an, dass sie das erste Mal campen. Die Ausstattung ist niegelnagelneu – von der Fußmatte bis zum Mülleimer, vom zusammenfaltbaren Kochtopf bis zur gigantischen Spülschüssel mit Henkel und Abfluss.
CWH: Wie oft sind Sie im Jahr unterwegs? Wie planen Sie und stehen deutsche Campingplätze auch auf Ihrer Liste?
BT: Normalerweise sind wir im Jahr acht bis zehn Wochen unterwegs, fahren aber immer in den Süden – wir lieben die Wärme. In Deutschland machen wir in der Regel nur auf unserer Hin- und Rückfahrt einen Stopp. Bei unserer Planung sind wir aber ganz flexibel, wir reservieren nicht. Ich schau mir die Fotos und alles Wichtige im Campingführer an und wenn ich etwas gefunden habe, entscheiden wir gemeinsam, ob und wann wir weiterfahren.
CWH: Wer sitzt hinterm Steuer, Ihr Mann? (lach)
BT: Ja genau, mein Mann ist ein ganz schlechter Beifahrer. Wir haben da eine klare Aufgabenteilung. Er fährt und ich bin für die Quartiere zuständig.
CWH: Sie waren ja diesen Sommer auch auf Reisen. War die enorme Nachfrage nach dieser Urlaubsform im Coronasommer für Sie sichtbar?
BT: Ja, allerdings. Wir waren auf unserem Rückweg aus Italien am Bodensee und an der Mosel, im Saarland. Man kann sich das nicht vorstellen, was da los war, wir haben kaum einen Platz bekommen. Für meine Sendung waren wir dann Mitte September auf Fehmarn, der Platz war total ausgebucht, das habe ich so bisher noch nicht erlebt.
CWH: Nun kommen wir zum lustigen Teil des Interviews. Man kann es ja auch in Ihrem Buch lesen – aber vielleicht haben Sie Lust, ein paar kleine Anekdoten aus Ihrem Campingleben zu verraten?
BT: Sehr gerne. Wo fange ich an? Ich will ja immer schön stehen, abseits, wo man für sich sein kann. Das sind aber oft sandige oder matschige Plätze, auch muss man manchmal unter tiefhängenden Ästen hindurch. Davor schrecken die meisten ja zurück – mein Mann übrigens auch! Ich überrede ihn dann immer und schon ist es wieder passiert – wir sitzen fest, der Trecker muss kommen und uns rausziehen. Ich finde das lustig, bei meinem Mann liegen hingegen öfter mal die Nerven blank. Dann gab es da die Sache mit der Campingtoilette. Eigentlich übernimmt ja mein Mann die Leerung dieses Dings, aber an diesem speziellen Tag war es meine Aufgabe. Ich hatte also diesen Porta-Potti-Abwassertank auf den Gepäckträger meines Fahrrads geschnallt und bin losgefahren. Ein Hund kreuzte meinen Weg, ich musste bremsen und schwupps, die Toilette flog in hohem Bogen auf den Boden. Just in diesem Moment, als sich die eklige Brühe über den Platz ergoss, wurde ich dabei erkannt. Das war kein Lieblingsmoment von mir, mega-unangenehm, der absolute Horror.
CWH: Bitte noch eine Geschichte, aller guten Dinge sind ja drei!
BT: Sehr lustig war auch die Situation, als ich einmal um ein Foto gebeten wurde. Die Urlauber vom Nachbarplatz hatten mich erkannt und baten um ein Erinnerungsfoto für die Oma. Ich dachte, ist doch kein Problem, über mein Aussehen hab ich mir in dem Moment keine Gedanken gemacht. Ich wasche mir beim Campen ja nicht jeden Tag die Haare und schminke mich auch nicht. Da kann es schon mal passieren, dass ich etwas schlampig aussehe. Ich habe also das Foto gemacht und bekomme ein paar Wochen später drei riesengroße Hochglanzbilder in den NDR geschickt. Ich erkannte die ehemaligen Nachbarn – aber wer war die Frau in der Mitte? Das war ich, Bettina Tietjen in zerknittertem Kleid, zusammengezwirbelten Haaren und mit Birkenstock an den Füßen. Aber damit nicht genug. Etwas später saßen genau diese Leute bei einer meiner Lesungen vor mir im Publikum. Natürlich hatten sie auch die Fotos wieder dabei. Manche Dinge wird man eben nicht mehr los (lacht). Seither ist mein Mann angehalten, so etwas künftig zu verhindern, zumindest dafür zu sorgen, dass ich die Sonnenbrille aufsetze.
CWH: In Ihrem Beruf müssen Sie ja auch dauernd perfekt gestylt sein, da ist diese Nature-Variante doch sicher Erholung pur für Sie?
BT: Ja, das ist die perfekte Auszeit für mich. Den ganzen Ballast, der sonst nötig ist, einfach hinter mir zu lassen, mir keine Gedanken darüber machen zu müssen, ob die Schuhe passen und die Frisur sitzt. Das ist unglaublich befreiend. Mir nimmt man diesen Schlabberlook auch nicht übel, ich bin ja nicht Helene Fischer.
CWH: Ihr Buch, das unter dem Titel „Tietjen auf Tour“ beim Piper Verlag erschienen ist, wird ab Januar auch als Taschenbuchformat vorliegen. War dieses Buch verantwortlich für die Idee zu Ihrer Sendung „Tietjen campt“?
BT: Ja, in der Tat. Es gab zwar auch schon früher immer mal Anfragen für eine Campingsendung. Die Konzepte waren mir aber zu privat, ich wollte nicht von einem Kamerateam während des Urlaubs begleitet werden. Die Idee von Reinhold Beckmann und seiner Firma Backround, dass ich zwei Tage – zusammen mit einem Promi – im Norden campen gehe, hat mich dann aber überzeugt.
CWH: Welche Gäste hatten Sie denn bereits?
BT: Mein erster Gast war der Schauspieler Mathias Matschke, dann war Jürgen von der Lippe dabei und zuletzt ChrisTine Urspruch – Frau Alberich aus dem Münsteraner Tatort.
CWH: Da ist die Liste der Promis sicher lang, die auch dabei sein wollen, oder?
BT: Ja, es gibt schon einige Bewerbungen, wir drehen kommendes Jahr sechs neue Folgen – mal sehen, wen ich mitnehme!
CWT: Toll, wir sind gespannt! Eine kleine Abschlussfrage hätte ich noch. Wie bereits angesprochen, gibt es ja gerade einen Wandel in der Branche. Wie, denken Sie, wird Campen wohl in zehn Jahren aussehen?
BT: Ich glaube, dass es immer dieses Urcamping geben wird, die kleinen, schlichten und naturbelassenen Plätze. Aber eben auch die großen, die ihre Kapazitäten immer weiter ausbauen werden. Meine Sorge ist eher, dass man irgendwann einfach keinen Platz mehr bekommt.
CWH: Liebe Frau Tietjen, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und für das unterhaltsame und kurzweilige Gespräch! Wir drücken die Daumen, dass Sie in Zukunft immer einen freien, schönen und idyllischen Platz finden werden. • (KW)