Die „Coronaklausel“

Florian Steiner, Rechtsanwaltskanzlei Hampel

Die anhaltende Coronapandemie wird auch im Jahr 2021 massive Auswirkungen auf unseren Alltag haben.

Die derzeitige Situation veranlasst deshalb unseren fiktiven Campingplatzbetreiber Günther Gründlich, seine Verträge auf den Prüfstand zu stellen.

Von einem Freund hat er erfahren, dass seine Standardverträge, die er für alle Dauer- und Kurzzeitcamper nutzt, sogenannte Vertrags- bzw. Geschäftsbedingungen enthalten. Mit diesem Thema hatte sich Gründlich noch nie wirklich auseinandergesetzt. Als er seine Standardverträge entworfen hatte, formulierte er die erste Seite des Vertrages selbst und kopierte danach einfach die weiteren Vertragsbedingungen eines Mitbewerbers in den Vertrag hinein. Mit seinen Verträgen sucht er nun einen Rechtsanwalt auf und möchte von diesem wissen, ab wann ein Vertrag überhaupt Geschäftsbedingungen enthält und ob sein Vertrag mögliche Folgeprobleme aus der Coronakrise abdeckt.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im folgenden AGB) sind in § 305 I S.1BGB definiert. Danach sind alle Klauseln, die in einem Vertrag vorformuliert und damit für eine vielfache Verwendung vorgesehen sind, als AGB im rechtlichen Sinne zu klassifizieren. Im Falle von Herrn Gründlich bedeutet dies, dass nur die Vereinbarung über die Vertragsparteien, die Platzmiete sowie die genaue Parzelle nicht unter den Begriff der AGB fallen.

Zu wissen, wann ein Vertrag AGB beinhaltet, ist deswegen wichtig, weil die Wirksamkeit von solchen Klauseln nach einem strengen Prüfungsmaßstab beurteilt wird. Für AGB gelten die Regelungen der §§ 305 ff. BGB. Vom Grundsatz her lässt sich sagen, dass Regelungen, die den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen zuwiderlaufen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind.

Der Vertrag des Herrn Gründlich enthält etwa abweichende Bestimmungen über den „Verzug“, welchen wir schon im Artikel der Januarausgabe (Heft01/21) behandelt haben. Im Zuge der Coronapandemie kann dies jetzt insbesondere Auswirkungen auf die Zahlung der Platzmiete aufgrund der– eingeschränkten – tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit/der Bereitstellung der Parzelle haben. Auch der Platz von Herrn Gründlich ist seit November 2020von einer behördlichen Schließung betroffen und einige Mieter haben schon angekündigt, sich noch einmal mit ihm wegen der Platzmiete kurzschließen zu wollen. Herr Gründlich ahnt hierbei schon, dass einige wohl nicht die volle Miete bezahlen wollen.

Ganz grundsätzlich lässt sich festhalten, dass der Anspruch auf Zahlung der Platzmiete nur dann berechtigt ist, wenn dem Mieter auch die Parzelle tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Der Gesetzgeber geht dabei von dem sog. Leistungsäquivalent aus, also der gegenseitigen Bedingung von Leistung und Gegenleistung.

Aufgrund der behördlichen Schließung des Campingplatzes ist es dann Herrn Gründlich nicht möglich, seiner Leistungspflicht – Bereitstellung des Platzes/Nutzungsmöglichkeit – vollständig nachzukommen. Er befände sich damit wohl dann im Leistungsverzug. Jedoch kennt das deutsche Recht keinen Verzug ohne ein Verschulden. Das bedeutet, dass Gründlich mit der Bereitstellung der Parzelle nur in Verzug geraten kann, wenn er zumindest fahrlässig die derzeit nicht mögliche Nutzung verschuldet hat. Da Gründlich wegen der behördlichen Schließung den Platz nicht öffnen darf, liegt hier wohl ein Fall der höheren Gewalt vor und kein Verschulden seinerseits. Leider finden sich jedoch im Vertrag des Herrn Gründlich keine Bestimmungen, die den Fall der Schließung des Bestimmungen, die den Fall der Schließung des Campingplatzes aufgrund höherer Gewalt regeln.

Der Anwalt wird ihm daher raten, seinen Vertrag zu überarbeiten, um hier durch Rechtssicherheit für ihn und seine Kunden zu schaffen. Viel schlimmer sei es jedoch nach Ansicht des Anwalts, dass Gründlich weite Teile des Vertrages einfach von einem Mitbewerber kopiert hat, da die Übernahme fremder AGB einerseits mit der Gefahr einer Urheberrechtsverletzung, andererseits mit der Gefahr von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen wegen mitunter unwirksamer AGB-Klauseln verbunden sind.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Coronapandemie ein gewichtiger Grund ist, die eigenen Verträge einer genauen Überprüfung zu unterziehen und diese gegebenenfalls anzupassen. Auch sollten niemals fremde AGB oder Vertragsteile einfach kopiert oder übernommen werden. Ein fundierter juristischer Rat ist hier unabdingbar.

Zum Abschluss des Artikels sei erneut deutlich darauf hingewiesen, dass der Artikel nicht als abschließende Rechtsberatung verstanden werden kann. Es kommt wie immer auf den jeweiligen Einzelfall sowie die konkrete Formulierung an. Sollten Sie hier bei Überprüfung Ihrer Verträge nun Handlungsbedarf sehen, stehe ich Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Verfügung. •

Rechtsanwalt Florian Steiner

www.rechtsanwaltskanzlei-hampel.de

Foto: Florian Steiner, Rechtsanwaltskanzlei Hampel

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