Zu Hause auf sieben Quadratmetern

Ein minimalistisches Campingexperiment

Die Autorin und Journalistin Marion Hahnfeldt hat anderthalb Jahre in einem Camper gewohnt. Nein, nicht in einer Luxusversion, sondern in einem ganz normalen Wohnwagen, einem alten Chateau Chiara Trophee 450. Sie hat das Reduzierte gesucht und gelernt, wie es ist, auf einem Campingplatz zu leben, auch im Winter. Darüber hat sie ein Buch geschrieben.

2018 gab Marion Hahnfeldt ihr bürgerliches Leben auf und zog auf einen Campingplatz nahe Hannover. Ein beruflicher Wechsel erwog die Frage, wie sie sich neu aufstellen wollte. Ihr Leben hatte sie zu dieser Zeit bereits reduziert, aber würde es noch eine Nummer kleiner gehen? Vielleicht eine Gartenlaube? In Deutschland ist das rechtlich schwierig und nicht erlaubt, also war das keine Option. So ist sie auf den Camper und den Campingplatz gekommen. Sie kaufte einen alten Wohnwagen und bezog im Oktober ihren Stellplatz vor den Toren Hannovers, in erreichbarer Nähe zur neuen Arbeitsstelle. Nun waren also sieben Quadratmeter ihr Zuhause, nicht groß, aber ihr hat es gereicht – es gab einen Tisch, an dem sie arbeiten konnte, eine kleine Kochgelegenheit und ein Bett natürlich auch. Auf fließendes Wasser musste sie verzichten, dafür besaß sie eine launisch-labile Heizung, wie sie es selber einmal beschrieben hat. Plan war es, dieses, ihr neues Leben im Wohnwagen für einen Winter auszuprobieren, schlussendlich sind anderthalb Jahre daraus geworden.

Über ihr minimalistisches Leben im Camper hat Marion Hahnfeldt ein Buch geschrieben: „Sieben Quadratmeter Glück“. Es ist eine Hommage an das Camperleben, ihre Erlebnisse, ihre Suche nach Antworten: Wie viel braucht man im Leben wirklich? Kommt man ohne den üblichen Komfort klar? Reichen sieben Quadratmeter? Im Tagebuchstil berichtet sie von Höhen und Tiefen ihres alternativen Wohnens im Camper. Erschienen ist es beim Delius Klasing Verlag als Kindle oder Taschenbuch. Anmerkung: Sehr zu empfehlen, findet die Redaktion.

Es war ein wunderbar lauschiges Plätzchen, auf dem sie stand. Direkt an einem See, nur wenige Meter trennten sie vom Ufer. Es ging ihr gut. Das Arial, auf dem sie nun lebte, war den Sommertouristen vorbehalten. Da es Oktober war, waren die Urlauber rar, es war herrlich ruhig. Sie hatte nur einen Nachbarn, der ihr mit nützlichen Tipps zur Seite stand. Als Neuling war sie froh darüber, sie hatte sich mit vielen campingrelevanten Themen zuvor einfach noch nie beschäftigt. Was zum Beispiel macht man, wenn der Winter kommt, die Minusgrade auf der Tagesordnung stehen? Wie heizt man den Wohnwagen richtig? Noch war es relativ warm, dann aber ging es schnell bergab mit den Temperaturen. Der alten Wohnwagen war nicht gut isoliert. Er war eben keiner dieser modernen Caravans, mit denen man ohne Probleme durch den Winter kommt. Sie hatte alles, was sie brauchte, nur an die Kälte musste sie sich noch gewöhnen. Probleme dabei machte ihr die Gasheizung, sie war ihr einfach nicht geheuer. Machte sie da alles richtig? Könnte da womöglich etwas passieren? Also hat sie nachts zum Schlafen sicherheitshalber den Heizkörper ausgeschaltet, eine Kohlenmonoxidvergiftung wollte sie nicht riskieren. Dass das Thermometer dann beim Aufwachen im Minusbereich pendelte, war kein Wunder. Auch wenn sie zur Arbeit fuhr, blieb die Heizung aus. Da war der Empfang am Abend wohl eher frostig. Irgendwann ging das nicht mehr, es wurde einfach zu kalt. Also blieb die Heizung an – sie wusste inzwischen auch, dass ihr Wärmespender save und Vorsicht eher bei Heizpilzen geboten ist. So war der erste Morgen nach einer gemeinsamen Nacht mit der Heizung mit zehn Grad plus fast schon mollig warm. Ein Kohlenmonoxid-Piepser steht trotzdem auf der Besorgungsliste für die nächste Reise, sicher ist sicher.

Jetzt war sie also Dauercamperin. Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, warum Menschen in einem Wohnwagen leben, sich für ein solches Leben entscheiden. Für Marion Hahnfeldt war es die Suche nach dem Minimalismus, für andere ist es die Sehnsucht, draußen in der Natur zu leben. Manche stehen mit dem Rücken an der Wand, haben eine gescheiterte Beziehung hinter sich oder können sich eine Wohnung ganz einfach nicht mehr leisten. Sie hat es einmal so beschrieben: „Vielleicht passt das Bild von Menschen, die dauerhaft auf einem Campingplatz leben, nicht in unsere reiche Gesellschaft, ich würde mir bei diesem Thema mehr Freiheiten wünschen.“

Der Winter war vorbei, es wurde wieder wärmer. Die Saison begann, mit der Einsamkeit war es vorbei. Der Platz füllte sich mit unterschiedlichsten Menschen. Sie merkte, dass die Camper an sich sehr divers sind. Da gab es jene, die mit halbem Hausstand, mit Satellitenschüssel und jeder Menge Schnick-Schnack anreisen und die Individualisten, die eher sehr bescheiden unterwegs sind. Ihr selbst war es im Sommer zu voll, sie ist eben nicht der Halligalli-Typ und zu viele Menschen nicht ihr Ding. Frustriert aufgeben kam aber dennoch nicht für sie infrage. So überstand sie die Hauptsaison und freute sich auf den nächsten Winter. Im Frühjahr 2020 hat sie dann aber leider etwas ganz anderes ausgebremst und vom Platz getrieben: Corona. (KW)

Fotos: Delius Klasing Verlag