Foto: Naturcamp Tannenfels
Engagement, Optimismus und die Dinge nehmen, wie sie kommen
Was machen eine Logistikmanagerin und ein stellvertretender Lagerleiter auf einem Campingplatz? Ganz einfach, sie sind die Betreiber und leiten einen inzwischen sehr erfolgreichen Platz im Schwarzwald, in Baiersbronn. Das war nicht immer so, denn bis aus dem ehemaligen Dauercampingplatz eine echte Perle wurde, gab es so einige Hürden zu nehmen.
Katja Gjurin ist da vor über drei Jahren irgendwie reingerutscht. Als ihre Eltern in die Jahre gekommen waren und die Frage im Raum stand, wer den Campingplatz einmal übernehmen sollte, zeigten alle Finger auf sie. Ihre Geschwister hatten keine Interesse – die Gemeinde dafür umso mehr, wollte, dass sie ihn übernimmt. Klar hatte sie früher ihrer Mutter oft in der Rezeption ausgeholfen, wirkliches Branchenwissen besaß sie aber nicht. Sollte sie? Gemeinsam mit ihrem Mann Stefan wurde beratschlagt und Herr Prof. Dr. Lang als Gutachter mit ins Boot genommen. Er kannte den Platz bereits von Früher und betitelte ihn als Perle, als einen Rohdiamanten. Der musste aber erst einmal geschliffen werden und dafür brauchte es einen Businessplan. Katja Gjurin wusste, dass Wunschvorstellung und Realität weit klaffen können, Papier geduldig ist und Zahlen ganz einfach zu schönen sind. Daher war sie froh um jede Unterstützung. Sie bekam weitere Beratung vom Campingverband BVCD und den Kontakt zu Elke Schönborn von der IHK Nordschwarzwald. „Sie war ein echter Seegen für mich“, sagt Katja Gjurin, „sie hat mir Connections vermittelt und mich bei der LEADER-Förderung unterstützt“.
Familie Gjurin, Naturcamp Tannenfels
Früher gab es nur Dauercamper auf dem Platz, selten kam ein Touristencamper vorbei, die Hecken waren zu hoch, um gesehen zu werden. Eine Homepage gab es auch nicht. „Wir haben dann quasi bei Null angefangen“, erzählt Katja Gjurin. „Das Sanitärgebäude musste komplett saniert, das WLAN neu aufgebaut, die Website und vieles Weiter in Angriff genommen werden. Neues zu errichten war aber schwierig, denn unser Platz liegt im Außenbezirk, im Natur- und Hochwasserschutzgebiet. Da ist man natürlich sehr eingeschränkt“. Zwei voll ausgestattete autarke Hütten im Schwarzwaldstil sollten den Platz aber dennoch aufwerten. Erst einmal hat Frau Gjurin den Camping- und Ferienparkmanager bei der IHK gemacht, hat viel erfahren und das Gelernte gleich in die Praxis fließen lassen. Sie hat Zeichnungen für den Architekten gemacht, Behördengänge erledigt und Baugenehmigungen beantragt. Dass sich diese Anträge derart ziehen und Baugenehmigungen einen langen Atem brauchen war das eine, dass das Bauen selbst zum Problem werden könnte, stand nicht auf dem Plan. „Manchmal, so erzählt Katja, „habe ich nur noch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber wie sagt man so schön, wer einmal baut, baut dreimal. Ich glaube es brauchte sieben Anträge bis wir endlich durch waren.
“Wer solche Vorhaben plant, sollte gut recherchieren und sich beraten lassen, der Architekt muss wissen, wie Camping geht, auch im Sanitärbereich. Zeitstrukturen sollten vorab festlegt werden und alles im Vorfeld von einem Anwalt geprüft werden.” Katja Gjurin
Dass Katja Gjurin in der Bauphase auch noch hochschwanger war, steht auf einem anderen Blatt. „Wir dachten halt“, so erzählt sie lachend, „dass uns sonst vielleicht langweilig geworden wäre. Zu dieser Zeit hat mein Mann auch noch in Vollzeit gearbeitet, ich halbtags, das muss man schon alles wegstecken können. Auch wenn es manchal sehr schwierig war, musste es ja immer weitergehen. Ich bin Gott sei Dank ein echter Optimist, ich sage immer, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt und wenn es steinig wird, dann ist eben so – am Ende kommt man immer ins Ziel. Ich war das Zugpferd, mein Mann hat während der schwierigen Bauphase schon hin und wieder gesagt: ‘ Ich will nicht mehr‘. Ohne Hilfe hätten wir es aber sicherlich auch nicht geschafft. An den Wochenenden haben unsere Kumpels, Schwestern und Schwager geholfen, haben mit angepackt, den Rasen gemäht und dies und jenes unterstützt. Es wurde zu einem richtigen Gemeinschaftsobjekt“.
Letztes Jahr, in der ersten richtigen Saison, als für die Gäste alles neu und nutzbar war, erlebte der Platz einen regelrechten Ansturm. Dass dabei die drei Kinder der Familie Gjurin nicht zu kurz kamen, verstand sich von selbst. „Ich habe“, erzählt Katja, „in der Rezeption einen Laufstall für die Kleine und einen Kindertisch für die beiden Jungs (sechs und vier Jahre) aufgestellt. So konnten sie jederzeit bei mir sein. Und mal ehrlich: Für Kinder ist ein Campingplatz doch das Paradies auf Erden, ein echtes Schlaraffenland. Das Baby, ein Mädchen, habe ich überall mit hingenommen, quasi an mich dran getackert. Dass es dann manchmal ein wenig gedauert hat, bis ich die Kleine im Kinderwagen hatte, war für die Gäste kein Thema. Ich erwarte schon, dass man mir diesen Respekt entgegen bringt. Auch hätte ich kein Verstandnis, wenn jemand sagen würde: ‚Stellen sie doch bitte mal das Kind leise‘“.
Inzwischen ist der Diamant geschliffen, aus dem ehemaligen Dauercampingplatz hat sich ein Urlaubsort mit Luxusfaktor entwickelt. Die Schwarzwaldhütten stehen, Premiumplätze mit Abwasser, Frischwasser und Strom sind geschaffen, sogar ein Wohnmobilstellpatz mit separater Einfahrt ist entstanden. Den hatte sich die Gemeinde gewünscht, da der Bestehende saniert werden musste. Das Lob aller ist groß, auch dass hier ökologisch gedacht und gehandelt wird kommt super an. Sogar einen Verkaufsautomaten gibt es auf dem Platz, um die regionalen Erzeuger, Metzger und Landwirte zu unterstützen. Letztendlich hat die Umgestaltung des Platzes natürlich richtig Geld gekostet. Ein wenig hatte die Familie in Petto, sonst wäre ein Kredit gar nicht möglich gewesen. Eine große Unterstützung brachte natürlich auch die LEADER-Förderung. „Momentan“, so erfahren wir von Katja, „haben wir, auch wegen Corona (eine staatliche Coronahilfe gab es nicht), einen Baustopp eingelegt. Natürlich werden wir Nötiges nicht auf die lange Bank schieben, aber nur zu investieren um zu investeiren macht ja auch keinen Sinn. Momentan gehen wir alles etwas langsamer an.“
Für ein solches Projekt braucht es großes Durchhaltevermögen. Man darf nie vergessen, dass die Arbeit eines Platzbetreibers ein enormes Arbeitspensum hat, dass eine Selbständigkeit eben immer selbst und ständig bedeutet. Auch muss ein Betreiber gerne mit Menschen arbeiten, wissen wie guter Service geht. Wer diese Eigenschaften nicht mitbringt, sollte die Finger von solchen Vorhaben lassen. (KW)
„Auch wenn es Anfangs manchmal richtig schwierig für uns war – heute sagen mein Mann und ich ganz klar: ‚Es hat sich gelohnt, das ist ein mega Job!” Katja Gjurin
Mehr Infos unter: www.naturcamp-Tannenfels
Fotos: Naturcamp Tannenfels/Familie Gjurin