Foto: Ivaylo Dechkoff/Compusoft
Wenn aus dem Hobby ein Beruf wird
Ivaylo Dechkoff kommt aus Bulgarien, hat am Mozarteum in Salzburg Geige studiert, seinen Magister gemacht und in unterschiedlichen Orchestern gespielt – bis Corona kam und Engagements ausblieben. Dann bekam er eine neue Chance, ergriff sie und tauschte seine Violine gegen einen Computer. Seit bald zwei Jahren arbeitet er nun als IT-Berater und Support für das Unternehmen CompuSoft in Dänemark.
Von Bulgarien nach Salzburg
Der gebürtige Bulgare besuchte in seiner Heimatstadt das Musikgymnasium und anschließend zwei Jahre das Konservatorium in Sofia. Als sein bulgarischer Professor ausgetauscht wurde, war das für ihn der richtige Moment, international etwas Neues zu beginnen. Damals, fünf Jahre nach der Wende, war der Westen für ihn noch unbekanntes Terrain und so suchte der junge Emigrant etwas, das ihm nicht gänzlich fremd war. Die Wahl fiel auf Salzburg, denn dort studierte ein Schulfreund am Mozarteum und so beschloss Ivo, seinen Magister ebenfalls dort zu machen. 1994 in Salzburg angekommen, verstand er erst einmal gar nichts – die Sprache hörte sich nicht so an wie das Deutsch, das er gelernt hatte. „Als man mir zum ersten Mal ‚Grüß Gott‘ gesagt hat, nahm ich an, die Person stellt sich gerade bei mir vor“, lacht Ivo. „Meine Kollegen vom Konservatorium fanden auch, dass ich wie Hamlet klinge, wenn ich rede. Das lag wohl an meinen Deutschlehrbüchern aus den 60er-Jahren. Total altmodisch, ich habe Wörter verwendet, die niemand mehr benutzt hat.“
Weiter geht’s nach Spanien
2001 bekam er – eher zufällig – das Angebot, nach Spanien zu gehen. Ein Studienfreund aus Salzburg war in Figueres, der Geburtsstadt von Salvador Dali, Konzertmeister. Für sein Kammerorchester wurde ein Stimmführer der zweiten Violinen gesucht. Eigentlich wollte Ivo im deutschsprachigen Raum bleiben, entschied sich dann aber für Spanien. Anfangs halfen ihm die Orchesterkollegen bei Übersetzungen, nach einem halben Jahr hatte er sich genug Sprachkenntnis erworben. Die Herausforderung war eher die Tatsache, dass Figueres in Katalonien liegt und er nicht nur Spanisch, sondern auch Katalonisch lernen musste.
Auf dem Weg nach Dänemark
Die Weltfinanzkrise 2007 sorgte dafür, dass es seinem Orchester zusehends schlechter ging. Zusammen mit Kollegen organisierte sich Ivo gewerkschaftlich – mit dem Ergebnis, dass daraufhin fast alle entlassen wurden. Nun stand er da, ohne Job und und ohne Aussicht auf einen neuen, denn: Es gab schlichtweg keine. Seine Schwester, ebenfalls Geigerin und in Dänemark lebend, wusste um seine Nöte und erzählte ihm von einer freien Stelle in ihrer Wahlheimat. Wieder packte Ivo die Koffer und machte sich auf ins Land der Dänen. Eine Festanstellung fand er dort zwar nicht, bekam aber genügend freie Engagements. Fortan pendelte er, je nach Auftragslage, zwischen Spanien und Dänemark.
Angekommen
Je älter er wurde, desto häufiger machte er sich Gedanken über seine finanzielle Sicherheit, dachte über einen Berufswechsel nach. Neben der Musik waren Computer schon immer Ivos zweite große Leidenschaft. Da lag es für ihn nahe, ein IT-Fernstudium zu beginnen – an einer auf Software spezialisierten Universität in Bulgarien. Drei Jahre lernte er, spielte nebenzu Geige, um Geld zu verdienen und schaffte seinen Abschluss. Eine Erholungspause gab es aber keine für ihn, denn schon bahnte sich erneut eine Krise an, diesmal hieß sie Corona. Orchesterjobs lagen auf Eis, also musste nun definitiv eine Anstellung im IT-Bereich her. Ivo schrieb Bewerbungen, hatte diverse Vorstellungsgespräche und bekam schließlich seine Chance. Seit Mitte 2021 arbeitet er bei CompuSoft in Dänemark und war letztes Jahr zum ersten Mal auf dem NCT in Magdeburg anzutreffen.
„Ich bin CompuSoft für diese Chance ewig dankbar. Es gibt sicher nicht viele Unternehmen, die einem fast 50-jährigen Quereinsteiger ohne Berufserfahrung einen Arbeitsvertrag bieten. Ich bekam die Möglichkeit, meine Prioritäten zu tauschen, durfte mein Hobby zum Beruf machen und aus meinem alten Beruf ein Hobby. Das ist doch wunderbar – ich habe einfach nur getauscht!“ Ivaylo Dechkoff