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Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Heinrich Lang
Die folgenden Ausführungen stellen keine Rechtsauskunft oder Rechtsberatung dar, sondern sind die Erfahrungen eines langjährigen Beraters der Campingwirtschaft.
Mit dem Inkrafttreten des Bundesmeldegesetzes 2017 haben sich für die Campingwirtschaft in verschiedener Hinsicht durchaus Vorteile ergeben, wie z. B. die Wiedereinführung des Wohnungsgeberscheins § 19 (BMG). Bis zu diesem Zeitpunkt konnte sich jedermann ohne Mitwirkung des Wohnungsgebers direkt bei der Meldebehörde mit einem Wohnsitz anmelden. Dies haben viele Dauercamper genutzt – sich ohne Wissen des Campingbetreibers – einen ersten Wohnsitz zu verschaffen. Die Meldebehörden waren und sind unseres Wissens gegenüber den Wohnungsgebern auch nicht auskunftspflichtig, wer bei ihnen wohnsitzlich gemeldet ist – was ein weiteres Hindernis darstellt.
Mit § 19 im Bundesmeldegesetz wurde hier scheinbar Abhilfe geschaffen. Gleichzeitig wurden aber in § 20 (BMG) Wohnwagen, z. B. eines Dauercampers, als Wohnungen definiert, da sie nicht oder nur gelegentlich bewegt werden, woraus dann viele Dauercamper geschlossen haben, dass sie berechtigt sind, einen Erstwohnsitz anzumelden. Die scheinbare Abhilfe mit der Wiedereinführung des Wohnungsgeberscheins ist jedoch faktisch nicht gegeben. Dauercamper können sich nämlich beim Einwohnermeldeamt anmelden, selbst wenn der Campingunternehmer die Unterschrift unter den Wohnungsgeberschein verweigert. Wenn sie glaubhaft machen, dass sie sich auf dem Campingplatz dauerhaft aufhalten, muss die Gemeinde sie sozusagen „von Amts wegen“ anmelden und umgekehrt; Personen, die sich auf einem Campingplatz dauerhaft aufhalten, sind sogar verpflichtet, sich eine Wohnsitzanmeldung vorzunehmen. Sogar die Wohnungsgeber sind verpflichtet, an der Anmeldung mitzuwirken, also die Wohnungsgeberbestätigung zu unterschreiben.
In der Regel befindet sich ein Campingplatz in einem Sondergebiet nach § 10 Baunutzungsverordnung (BauNVO). In solchen Sondergebieten sind Wohnsitze nicht zulässig. Bauordnungsrechtlich könnte dagegen eingeschritten werden, melderechtlich hingegen muss die Wohnsitzanmeldung erfolgen. Wir haben also konkurrierende Rechtsnormen, aber da das Interesse der Gemeinden überwiegt, zusätzliche Einwohner zu bekommen, wird in der Regel die Meldung bereitwillig vollzogen. Zusätzliche Einwohner bringen zusätzliche Mittel aus der Einkommenssteuerumlage. Seit 2017 haben Gemeinden sogar die Möglichkeit, die Baunutzungsverordnung sozusagen zu umgehen, indem entsprechend § 12 Abs. 7 ein Bebauungsplan aufgestellt wird, der die Wohnnutzung zulässt. Diese Möglichkeit wurde bisher selten genutzt. Es gibt aber tatsächlich die legale Möglichkeit, die Wohnnutzung in Campingplätzen zuzulassen. § 12 Abs. 7 des Baugesetzbuches (BauGB) lautet: „Soll in bisherigen Erholungs- und Sondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.“
Was ist nun so schlimm an Erstwohnsitzen von Dauercampern?
Nun könnte man ja argumentieren, dass eine Dauerwohnnutzung von Dauercampern in Campingbetrieben gar nicht so schlimm ist. Da wird der Dauercamper nicht so schnell kündigen und man kann auch etwas mehr Dauercampingentgelt für die Nutzung verlangen. Dies ist jedoch eine gefährliche Entwicklung, da Sie mit diesen Verträgen dann in der Sphäre des Mietwohnungsrechts liegen und ganz erhebliche Nachteile erdulden müssen: Die Vorgaben der Betriebskostenverordnung sind zu beachten. Es gibt Probleme bei der Nebenkostenabrechnung und bei Zahlungsrückständen hat man keine einfachen Kündigungs- bzw. Entfernungsmöglichkeiten. Einem Erstwohnsitzenden muss dennoch Wasser und Strom geliefert werden und die Entfernung des Mieters und seines Wohnwagens aus dem Campingobjekt dauert sehr lange und muss kostenträchtig mit der Gerichtsvollzieherei durchgesetzt werden. Überdies besteht die Gefahr, dass sich durch die Wohnsitznahme auf Campingplätzen „prekäres“ Wohnen entwickelt, was in der tourismusorientierten Campingwirtschaft sicherlich keinen Platz hat. Auch das Zulassen von Zweit- oder Drittwohnsitzen birgt Probleme, da zum Beispiel im Fall einer Trennung/Scheidung solche Zweitwohnsitze dann schnell als Erstwohnsitze anerkannt werden – mit all den geschilderten Problemen. So hatten wir beispielsweise im Jahr 2020 in einem pfälzischen Betrieb die groteske Situation, dass ein in Trennung lebender Dauercamper einfach in seinen Wohnwagen gezogen ist und verlangt hat, dass für ihn das Sanitärgebäude des im Winter an sich geschlossenen Campingobjekts offengehalten und beheizt wird. Diesem Wunsch musste schließlich, behördlich angeordnet, nachgekommen werden. Wir können auch angesichts der extremen Wohnungsnot und der sich abzeichnenden Altersarmut davon ausgehen, dass problematisches Wohnen in Campingbetrieben bis hin zu prekärem Wohnen weiter zunehmen wird.
Auch neuartige „Wohnwagen“, wie Tinyhäuser und Ähnliches, die ja gerade zum Dauerwohnen einladen, verstärken den Trend. Letztlich kann nur der Rat gegeben werden, alles zu tun, um problematisches Dauerwohnenund Wohnsitze in Campingplätzen zu vermeiden.
Wie lässt sich die Wohnsitznahme in Campingbetrieben vermeiden?
Wir können hierzu keine sozusagen wasserdichten und rechtssicheren Ratschläge geben, sondern lediglich aus der Praxis berichten. Einige Kollegen machen keine Dauercampingverträge mehr, sondern „Grundstücksmietverträge“, um zu dokumentieren, dass hier keine Wohnung, sondern ein Grundstück vermietet wird; andere vereinbaren ein sofortiges Sonderkündigungsrecht schon beim Versuch der Wohnsitznahme. Andere lassen sich jährlich die Erstwohnungsadresse nachweisen, was einen gewissen Umstand darstellt und auch umgangen werden kann. Andere stellen in Präambeln fest, dass es sich beim Campingbetrieb um einen Erholungsbetrieb für die Wochenend- und Ferienerholung handelt. Einige Betriebe wollen auch vertraglich festlegen, dass die Nutzung des Campinggrundstücks nur beispielsweise an 80 Tagen im Jahr möglich ist und darüber hinaus gehende Nutzung dann eben extra bezahlt werden muss. Diese Lösung ist an sich elegant, allerdings kaum zu kontrollieren und selbst mit einer Nummernschilderkennung wird die Überwachung umständlich und schwierig.
Eine Möglichkeit besteht auch darin, die Dauercampingverträge auf 180 Tage zu begrenzen. Damit wird das Entgelt zwar umsatzsteuerpflichtig (7%), aber für Sommersaisonbetriebe ist dies denkbar; bei Ganzjahresbetrieben müsste dann mit Folgeverträgen gearbeitet werden, die möglicherweise wiederum nicht rechtssicher sind.