Status quo: Campingbranche

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Eine Bestandsaufnahme in den Bundesländer

Keine Frage, Camping in Deutschland boomt. Früher links liegen gelassen und belächelt, beweist die Branche heute, welches große Potenzial in ihr steckt. Das hat zur Folge, dass Vorschriften, Gesetze und Mechanismen, die vor Jahren noch funktioniert haben, heute überholt, sogar brisant diskutierte Themen geworden sind. Ist das in jedem Bundesland gleich? Geht jedes seinen eigenen Weg, auch weil es eigene politischen Rechte hat? Haben alle geforderten Neuerungen und Veränderungen überall den gleichen Stellenwert?

Wir haben beim BVCD und bei den einzelnen Landesverbänden nachgehakt, auf welchen Fokus ihr Augenmerk gerichtet ist. In dieser Ausgabe geben uns Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt einen Einblick, welche Schwerpunkte aktuell auf ihren Agenden stehen.

Blick auf die Branche

Ein Gastbeitrag von BVCD-Geschäftsführer Christian Günther

Christian Günther, BVCD

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Mehr als 40 Millionen Übernachtungen konnten im Jahr 2023 auf den hiesigen Camping- und Wohnmobilstellplätzen statistisch erfasst werden. Einmal mehr ein neuer Rekord für die Campingbranche und doch nichts Neues: Seit Jahren eilt die Branche von Rekord zu Rekord, lediglich gedämpft durch den ein oder anderen Lockdown. Dominierte das Wort Krise den Diskurs der letzten Jahre, so ist in unserem Geschäft zumindest in Bezug auf die Gästezahlen nichts Derartiges zu erkennen. Stattdessen bleibt für uns eher das Gefühl, dass die Krisen einen zusätzlichen Schub zum bestehenden Boom in der Branche brachten.

Erfolg muss bekanntermaßen immer wieder von Neuem erarbeitet werden. Rund 1,5 Millionen zugelassene Freizeitfahrzeuge auf der einen Seite und 230.000 Standplätze auf der anderen Seite sind hierzulande zwar eine hervorragende Ausgangsbedingung, jedoch müssen wir uns um diese Gäste stets neu bemühen, denn zwei Drittel der Übernachtungen deutscher Camper finden im Ausland statt – und unsere Gäste sind mobil und flexibel. Der Anspruch dieser Gäste wächst stetig, für uns bedeutet das Schritt halten. Die Betriebe haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie das können – zumindest bei der Hardware. Auf vielen Campingplätzen finden wir neue Sanitärgebäude, die im Standard teilweise vor vielen Hotels und Ferienwohnungen liegen. Ebenso neue Rezeptionsgebäude, professionellere Gastronomie, Schlechtwetterangebote für Alt und Jung sowie Mietobjekte, um neue Zielgruppen bedienen zu können.

Softwareseitig gibt es Nachholbedarf bei der Digitalisierung der Branche
Suchen, finden und buchen lautet die Devise. Jeder Campingplatz sollte sich fragen, wie Neukunden diese simple Kette bei ihm umsetzen können. Doch die deutsche Campingbranche hinkt beim Thema Onlinebuchbarkeit anderen Ländern und insbesondere anderen Branchen hinterher. Aus diesen Gründen sind die Digitalisierung und die Onlinebuchbarkeit beim BVCD e. V. große Themen. Der Verband möchte diese mit dem Aufbau des Channel Managers „Changer“ sowie der Ausgründung der CampNerd GmbH & Co. KG (www.campnerd.camp) vorantreiben. Beim Changer geht es vor allem darum, die Bedürfnisse der Campingplätze in den Fokus zu rücken, buchungsrelevante Daten breit und offen dem Markt zur Verfügung zu stellen und Abhängigkeiten von einzelnen Portalen auf lange Sicht zu minimieren.

Fehlende Arbeitskräfte
Wer mit dem Thema Digitalisierung fremdelt, sollte sich im Hinblick auf vorherrschenden Personalmangel fragen, wie er mit Telefon, Zettel und Stift der stetig steigenden Nachfrage auf dem deutschen Markt Herr werden will. Laut des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) könnten bis zum Jahr 2030 rund fünf Millionen Arbeitskräfte fehlen. Während Hunderttausende Arbeitskräfte in den wohlverdienten Ruhestand gehen, rücken hier nicht annähernd so viele Neue nach. Auch politisch ist der Arbeitskräftemangel bereits Thema und wir arbeiten auch als Verbände mit Hochdruck an einer politischen Lösung. Jedoch ist hier auch klar zu betonen: Nicht nur Deutschland sucht nach Arbeitskräften. Dieser Umstand nimmt auch Unternehmen in die Mangel, ihre Prozesse zu prüfen und – wenn möglich – zu digitalisieren oder automatisieren. Die Integration von Yield Management, Chatbots auf der Webseite oder Telefonanlage des Campingplatzes oder auch nur ein Rasenmäherroboter sind dabei nur drei Beispiele, die den nutzenden Betrieben nicht nur einen Kostenvorteil verschaffen, sondern viel wichtiger: mehr Zeit für ihre Gäste! Selbstredend gibt es neben dem Arbeitskräftemangel viele weitere Hürden und Herausforderungen für die Zukunft: Der Klimawandel, die Energiewende, Inflation, aber auch die Deglobalisierung. Ob dies jeweils mehr Risiken als Chancen für die deutsche Campingwirtschaft bringt, sei dahingestellt. Klar ist allerdings: Ohne Personal haben unsere Betriebe keine Zukunft. Deshalb sollten die gebündelten Anstrengungen unserer Branche sich noch viel stärker der Prozessoptimierung, Mitarbeiterbindung und der Neugewinnung von Arbeitskräften widmen.