Gärtner aus Leidenschaft

Foto: Richard Wymann

Im Gespräch mit Richard Wymann

Auch für Campingplatzbetreiber wird der Klimawandel mit Starkregen oder extremer Trockenheit eine Herausforderung werden. Viele stellen sich aktuell die Frage, wie eine geschickte Planung für die Platzbepflanzung aussehen kann, damit Pflanzen auch künftig optimal gedeihen können. Gärtner Richard Wymann aus der Schweiz hat über viele Jahre das Wechselspiel zwischen Klima und Pflanzengefüge studiert und sein Wissen nun in einem Buch niedergeschrieben.

CWH: Lieber Herr Wymann. Erst einmal herzlichen Dank für Ihre Zeit und ich freue mich über Ihren wunderbaren Dialekt! Können Sie mir in kurzen Stichpunkten Ihren Werdegang beschreiben?
RW: Ich habe eine einjährige Kurzausbildung in der Landwirtschaft absolviert, dann Zierpflanzengärtner und Gartenbau gelernt, später an der Hochschule studiert und den Fachmann für naturnahen Garten- und Landschaftsbau gemacht. Einige Jahre habe ich Studenten im nebenberuflichen Bereich ausgebildet und in verschiedenen Betrieben in der Produktion gearbeitet – eine Stadtgärtnerei geführt und eine Gärtnerei betrieben, die zu einem Pflegeheim gehörte. Heute bin ich im Ruhestand und bewirtschafte zusammen mit meiner Frau im Kanton Wallis, in einer der trockensten Gegenden der Schweiz, auf 800 Metern Höhe einen Garten. Das ist quasi unser Pensionistenprojekt.

CWH: Das klingt nach jeder Menge Arbeit und ganz und gar nicht nach Ruhestand.
RW: Auch wenn wir beide trotz unseres Alters (ich bin 69, meine Partnerin wird bald 74) noch sehr fit sind, soll alles aber dennoch nicht zu viel werden. Wir wollen ja nicht wie im Berufsleben von Montag bis Freitag durcharbeiten. Wir teilen uns die Arbeit: Ich bin für die Pflege zuständig, meine Frau erntet und verarbeitet das Obst, die Gewürze und die Kräuter. Wir bieten diese Produkte in unserem Unverpacktladen und auch an andere Stellen an. Aber alles im Rahmen.

CWH: Anfang 2023 ist nun Ihr erstes Buch „Gärtnern mit Sonne, Wind und Wetter: Planung, Anbau und Pflege im Klimawandel“ erschienen.
RW: Eigentlich wollte ich gar kein Buch schreiben, wurde aber immer wieder darauf angesprochen und so habe ich es dann eben getan. Auch wenn ich früher Artikel für Magazine verfasst und Zeichnungen illustriert habe, war ein Buch für einen Praktiker, wie ich es bin, schon eine aufwendige Sache. Ich musste ja auch den Spagat schaffen, Dinge erst einmal ganz banal in der Basis zu erklären und dann darauf zu achten, nicht zu weit zu gehen – es sollte ja für jedermann verständlich bleiben. Gott sei Dank hatte ich ein wunderbares Lektorat, das mich sehr unterstützt hat.

CWH: Was meinen Sie mit banal?
RW: Wenn ich zum Beispiel schreibe, dass eine Hecke den Wind bremst, weiß das jeder, denn es ist logisch. In der Weiterführung geht es dann aber darum, welche Formen und Eigenschaften einer Hecke wichtig und zu beachten sind, um keine Düsenwirkung oder Fallwinde zu produzieren.

CWH: Sie haben in Ihrem Buch die Witterung und das Wettergeschehen in den Fokus gerückt und damit eine Lücke geschlossen, die in der Literatur bisher zu wenig Beachtung gefunden hat.
RW: Richtig, es geht darum, wie man den Einfluss von Sonne, Wind und Wetter zum Vorteil der Pflanzen nutzen kann und welche Maßnahmen helfen, schädliche Einflüsse einzudämmen. Kenntnisse über Wetter und Witterung sind daher von großem Nutzen, wenn man sich bei der Planung, dem Anbau und der Pflege von Pflanzen über die wichtigsten Prinzipien im Klaren ist. Ich zeige im Buch primär einfache Möglichkeiten auf, die jeder verstehen und durch eigene Beobachtung erkennen und praxisnah umsetzen kann.

Es ist doch so: Stimmen Wetter, Wasser und Sonneneinstrahlung, gedeihen die Pflanzen ganz von selbst. Ist es hingegen zu nass oder zu trocken, zu kalt oder zu windig, so bieten Blumen, Stauden und Beete einen eher kümmerlichen Anblick.

CWH: Beobachtung ist also ein ganz wichtiger und elementarer Punkt?
RW: Ja, denn jeder Ort ist anders, auch wenn er vielleicht nur 100 Meter vom anderen entfernt liegt. Wer seine Umgebung genau beobachtet, kann gute Rückschlüsse ziehen. Daher sollte ein Campingplatzbesitzer erst einmal genau eruieren, wie die Beschaffenheit seines Platzes ist: Welchen Boden hat das Gelände, welche Temperaturen und Windeinflüsse herrschen vor und wie ist die Niederschlagsverteilung? Diese wichtigen Faktoren sind die Basis und müssen bekannt sein, um in eine gezielte Planung gehen zu können. Ab einer bestimmten Platzgröße rate ich aber dazu, einen Fachmann hinzuzuziehen, um zu klären, welche Bepflanzung sich de facto am besten eignet.

CWH: Natürliche Beschattungen werden auch auf Campingplätzen immer wichtiger werden. Was gilt es hier zu beachten?
RW: Wichtig ist natürlich, dass geeignete Hölzer ausgesucht werden, damit ein Platzbetreiber mit der Pflege nicht so viel Arbeit hat. Um in kurzer Zeit ein Bild zu schaffen, das schön aussieht, setzen viele auf schnell wachsende Bäume. Man muss aber bedenken, dass alles, was schnell wächst, mit der Zeit auch bruchgefährdet wird. Daher muss natürlich aus Sicherheitsgründen ein regelmäßiger und professioneller Schnitt erfolgen. Langsam wachsende Holzarten sind viel stabiler, brauchen aber eben viel Zeit. Fazit: Es gibt keinen Vorteil, ohne dass man nicht auch einen Nachteil hat. Umgekehrt gilt das natürlich ebenso.

CWH: Leider können wir im Interview nur einzelne Themen anreißen, ohne näher ins Detail zu gehen. Welchen Tipp haben Sie zum Beispiel für Platzbetreiber, wenn es um natürlichen Sichtschutz oder um Schattenspender geht?
RW: Es kommt auf das richtige Konzept an, viele Faktoren müssen berücksichtigt werden, auch jene, die nicht bewusst wahrgenommen werden. So sollte man lieber auf helle Bäume setzen, dunkle Bäume wie zum Beispiel Tannen können aufs Gemüt schlagen. Auch der Wind verhält sich bei jedem Baum anders. Eine Weiß- oder Trauerweide spendet einen lichten, angenehmen Schatten. Hier hat der Campinggast das Gefühl, der Wind kommt aus der Baumkrone heraus. Ein Geräusch, das entspannend wirkt. Bei einer Eiche hingegen prallt der Wind ab. Das klingt viel härter und hat weniger Leichtigkeit. Das sind die unsichtbaren Gestaltungselemente, die man nicht direkt erklären kann und der Gast nicht bewusst wahrnimmt. Genauso verhält es sich übrigens auch bei der Wegegestaltung. Setzt ein Platzbetreiber auf Verbund- oder Pflastersteine, flimmern so manchem Gast die Augen – setzt er hingegen auf eine Split- oder Kiesabdeckung, ist dies wesentlich angenehmer für das Auge des Gastes.

CWH: Auch die Bewässerung wird in Zukunft ein wichtiges Thema sein.
RW: Hier ist die Standortgerechtigkeit und die Bodenbeschaffenheit der Schlüssel. Wer Grundwasser hat, hat es tendenziell leichter. Wer trockenen oder sandigen Boden hat, sollte auf hitzetolerante Pflanzen setzen, die aus anderen Regionen stammen. Dennoch gibt es bei jeder Pflanze einen Schwellenwert, bei dem es ohne Bewässerung nicht mehr geht. Auch hier im Wallis müssen wir wässern, noch haben wir ja Gletscherwasser. Dennoch versuchen meine Frau und ich so wenig Wasser wie möglich zu verbrauchen.

CWH: Lieber Herr Wymann, sobald ich wieder einmal in der Schweiz bin, freue ich mich darauf, Ihren Garten zu besuchen und Sie persönlich kennenzulernen. Ich wünsche Ihnen einen guten Gärtnersommer und hoffe, dass das Jahr 2023 auf keinen Fall wegen außergewöhnlicher Wetterkapriolen in Erinnerung bleiben wird.

Foto: Haupt Verlag

Das Buch von Richard Wymann ist bei Haupt, dem führenden Naturbuchverlag der Schweiz erschienen. Wer von seiner Erfahrung lernen und feststellen möchte, dass dieses Buch deutlich aus dem Rahmen der üblichen Gartenratgeber fällt kann es unter www.haupt.ch bestellen