Pack die Badehose ein*

Glückliche Familie mit zwei Kindern beim Baden am See im Sommer

* Cornelia Froboess

Schönstes Sommervergnügen: der Badesee

Sollte sich der Sommer dieses Jahr doch noch an seine Bedeutung erinnern, steht der Badesaison 2024 nichts mehr im Wege. Dann werden auch Badeseen an einem Campingplatz wieder zum Urlaubs-Hightlight – wenn die Wasserqualität stimmt. Laut Umweltbundesamt war das 2023 bei 98 Prozent der offiziellen deutschen Badegewässer an Seen, Flüssen und Küsten der Fall. Doch gutes Wasser für Badende bedeutet nicht gleichzeitig ein gesundes Ökosystem.

In der Badesaison 2023 wurden 2.291 deutsche Badegewässer untersucht und die Ergebnisse von insgesamt 13.295 Wasserproben ausgewertet. Von den Badegewässern lagen 362 an den Küsten von Nord- und Ostsee, 1.892 an Binnenseen und 37 an Flüssen. Die Qualitätsanforderungen der EU-Badegewässerrichtlinie erfüllten 98 Prozent der Badegewässer in Deutschland, über 90 Prozent erhielten sogar die beste Note „ausgezeichnet“. Nur wenige Gewässer wurden für die Saison 2023 von der Europäischen Kommission mit „mangelhaft“ bewertet und zum Schutz der Badenden in 155 Fällen vorsorglich oder aufgrund schlechter hygienischer Wasserqualität gesperrt. Cyanobakterien (Blaualgen) wurden in der Mehrheit der Fälle als Grund angegeben, bei einigen war aber auch die Wasserhygiene Anlass für die Schließung. Wasserhygienische Probleme treten besonders nach starken Sturm- und Regenereignissen auf, wenn belastetes Schmutzwasser in die Badegewässer gespült wird.

Der Name „Alge“ ist aber irreführend, denn Blaualgen sind Bakterien. Foto: AdobeStock_89044783

Aktuellen Messdaten können für jedes Badegewässer online auf den Internetseiten der Bundesländer eingesehen werden. Eine Übersicht gibt es auf Uba.de unter dem Stichpunkt „Wasserqualität in Badegewässern“.

Laut Umweltbundesamt ist die Qualität der deutschen Badegewässer also weiterhin gut bis sehr gut. Ob es auch dem Ökosystem eines Sees gut geht, steht auf einer anderen Liste. Denn: Für die Badequalität und für das Ökosystem sind unterschiedliche Faktoren entscheidend. Für die Badequalität werden die Sichttiefe, der pH-Wert und die mikrobiologische Qualität des Wassers geprüft. Es wird nach fäkalen Verunreinigungen, nach Bakterien wie Escherichia coli und Intestinale Enterokokken gesucht, die durch häusliche Abwässer oder durch Hofdünger von landwirtschaftlichen Flächen in der Umgebung in die Gewässer gelangen. Die ökologische Qualität ist aber noch einmal etwas anderes. Die Gründe, warum sich viele Seen nicht im optimalen ökologischen Zustand befinden, sind vielfältig: Biologische, chemische, physikalisch-chemische und strukturelle (hydromorphologische) Aspekte spielen dabei eine Rolle. Problematisch sind besonders Nährstoffe wie Nitrate, die aus der Landwirtschaft ins Wasser gelangen. Auch Quecksilber ist für eine schlechte ökologische Qualität von Gewässern verantwortlich. Das chemische Element wird beim Verbrennen von Kohle freigesetzt und fällt mit dem Regen ins Wasser.

Aus der Nähe betrachtet ist die Blaualge eigentlich sehr hübsch. Foto: AdobeStock_775486637

Der sauerstoffarme See
Forschende haben herausgefunden, dass ein See, der einmal sauerstoffarm war, dies immer wieder sein wird (Fachzeitschrift „Global Change Biology“) und ein dauerhaftes Problem bekommen könnte. Viele Seen in Deutschland sind in einem schlechten Zustand, laut dem Umweltverband BUND befinden nur noch rund 20 Prozent in einem ökologisch guten Zustand. Die Studie zeigt, dass sich aus einem See, der bereits wenig Sauerstoff im Wasser hat, noch mehr Nährstoffe aus dem sogenannten Sediment, dem Boden lösen können, sodass im Folgejahr noch mehr Nährstoffe an der Oberfläche zur Verfügung stehen, was wiederum auch mehr Biomasse ins Tiefenwasser sinken lässt. Zu viele Nährstoffe sorgen dann dafür, dass Wassertieren förmlich die Luft ausgeht. Bei diesem Rückkopplungseffekt spielt auch der Klimawandel eine große Rolle. Viel Sonne, Wärme und das üppige Angebot an Licht für die Fotosynthese tragen ebenfalls dazu bei, den Sauerstoff im Tiefenwasser zu reduzieren. Das wiederum heizt zusätzlich die Vermehrung von Algen und Wasserpflanzen an. Fließt zudem in Dürreperioden besonders wenig neues Wasser in den See nach, dramatisiert sich die Lage weiter. Ist schließlich so gut wie der ganze Sauerstoff im Wasser verbraucht, sterben fast alle Organismen ab. Erst Kleinstlebewesen, dann Fische und auch die aeroben Bakterien, die Sauerstoff für die Zersetzung von abgestorbener Materie brauchen. Ihren Job übernehmen dann die anaeroben Bakterien, die keinen Sauerstoff für den Zersetzungsprozess benötigen. Ihr Stoffwechsel jedoch produziert teilweise sehr übelriechende Faulgase und auch giftige Substanzen wie Methan, Schwefelwasserstoff und Ammoniak. Der entstandene Faulschlamm lagert sich am Boden des Sees an, der See kippt um und macht ihn zu einem toten Gewässer. Passiert dies, müssen die Algen abschöpft und der Faulschlamm abgebaggert werden, eine kostspielige und aufwendige Arbeit. Muss ein Platzbetreiber zu dieser drastischen Maßnahme greifen und ein Badeverbot verhängen, hat dies schwerwiegende Folgen – für ihn und seine Gäste.

Tipp:
Man sollte versuchen, den Seen gegen nährstoffreiche Zuflüsse von außen zu dämmen. Manche Badeseebetreiber belüften das Wasser künstlich, um es mit Sauerstoff anzureichern.

Achtung: Beim Schwimmen oder selbst Plantschen in einem umgekippten Gewässer kann es zu Hautreizungen und allergischen Reaktionen kommen. Wenn dieses Wasser auch noch verschluckt wird, kann dies zu Durchfall und Erkrankungen der Atemwege führen. Am tückischsten ist es in Ufernähe. Dort schwimmen Keime in höchster Konzentration umher bereits bevor der See vollends umgekippt ist. Deshalb sollte man immer auf Trübungen, Verfärbungen oder Algenansammlungen achten. Das sind Warnhinweise, dass das Gleichgewicht eines Sees nicht mehr in Ordnung ist. Auch viele Wasservögel am und um den See sind ein Hinweis. Man kann dann auch davon ausgehen, dass Parasiten im Wasser sind, denn sie geraten über den Entenkot in den See.

Tipp:
Wer testen möchte, ob sich ein See zum Baden eignet, sollte – um nicht den Sand aufzuwirbeln – vorsichtig bis zum Knie ins Wasser waten. Wenn die Füße noch deutlich zu erkennen sind, kann von einer guten Badequalität ausgegangen werden. Wenn nicht, besser draußen bleiben.

In der Kritik: Sonnencremes – das Problem sind UV-Filter und Nanopartikel
Die meisten Sonnencremes sollen aufgrund ihrer chemischen UV-Filter bedenklich für die Natur sein. Octocrylen, ein synthetisch hergestellter UV-Filter, filtert und absorbiert vor allem die UVB-Strahlen im Sonnenlicht, ist in vielen Sonnencremes enthalten und weltweit verbreitet. Er schädigt Korallen, stört bei Fischen die Entwicklung im Gehirn und in der Leber und reichert sich in Muscheln und Austern an. Als Alternative zu herkömmlichen Sonnencremes gibt es Naturkosmetik, die auf mineralische UV-Filter setzt. Aber auch diese sind ökologisch nicht unbedenklich. Mineralische Sonnencremes arbeiten beispielsweise mit Zinkoxid, das die UV-Strahlung abblitzen lässt. Dieser Sonnenschutz enthält aber Nanopartikel, mikroskopisch kleine Teilchen, die sich im Wasser anreichern und damit dem Ökosystem potenziell schaden können. Die gute Nachricht: Es gibt auch mineralische Sonnencremes ohne Nanopartikel, die aber nur einen Lichtschutz bis Faktor 30 schaffen. Kommt eine herkömmliche Sonnencreme zum Einsatz, sollte diese mindestens 20 Minuten vor dem Badevergnügen aufgetragen werden, dann ist sie in die Haut eingezogen und spült sich nicht mehr so leicht im Wasser ab.

In den Schlagzeilen: Im Sommer haben Blaualgen (Cyanobakterien) Hochsaison und trüben die Ostsee
Die meisten Blaualgenarten, die in der Ostsee vorkommen, stehen im Verdacht, im Zuge der Klimaerwärmung immer häufiger aufzutreten und die Wasserqualität der Ostsee stark zu gefährden. Sie binden in erheblichem Maße Stickstoff aus der Luft, bis zu 40 Prozent der Gesamtstickstoffbelastung der Ostsee gehen auf ihr Konto. Den Stickstoff wandeln sie in ihren Zellen in Nährstoffe und Eiweiße um und pumpen so zusätzlich Nährstoffe in ein ohnehin überdüngtes Ökosystem. Ein weiteres Problem sind die Giftstoffe, die Blaualgen produzieren können. Diese Toxine werden dann relevant, wenn die Algen in großen Konzentrationen auftreten und sich massenhaft vermehren. In geringer Konzentration sind sie für gesunde Menschen ungefährlich, in konzentrierter Form aber können Hautreizungen und bei Verschlucken von Wasser auch Übelkeit und Erbrechen hervorgerufen werden. Bei empfindlichen und geschwächten Menschen und bei Kindern sollte Vorsicht geboten sein. Bei Rindern, Hunden und Enten, die mit den Toxinen angereichertes Wasser getrunken haben, gab es bereits Todesfälle. Es wird befürchtet, dass im Zuge des Klimawandels und bei weiterer Überdüngung der Ostsee die Algenblüte von Jahr zu Jahr intensiver werden wird. (KW)

BUs:
Wasser in Seen kann sich nur sehr langsam austauschen und regenerieren.

Herrlich: der Sprung in einen sauberen See.

Quellen: Bundesumweltamt, BUND, Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
Titelfoto: AdobeStock 265264061