Kein schöner Anblick: Bauschutt und Müll, so weit das Auge reicht
*Heidi Brühl
Im Visier: Dauercampingplätze in Hessen
Viele kleinere Campingplätze in Deutschland konzentrieren sich ausschließlich auf Dauercamper. Das ist mit wesentlich weniger Aufwand und Arbeit zu händeln, als den Platz an Touristen zu vermieten. Leider wurde auf vielen dieser Plätze in den letzten Jahrzehnten Raubbau betrieben. Seitens der Camper wurde angebaut, was das Zeug hielt. Es entstanden Terrassen, Gartenhäuser, Wintergärten, sogar feste Gebäude ohne jegliche Genehmigung. Seitens der Betreiber wurde weggeschaut. Eine der gravierendsten Folgen dieser ungenehmigten Bauten ist neben der Abwasserbeseitigung aber die Missachtung von Sicherheitsabständen und der Brandschutzverordnung. Im Falle eines Brandes kann dies zur Katastrophe führen. Ein solches Brandereignis hat nun auch in Hessen die Behörden auf den Plan gerufen.
Dass viele Dauercampingplätze in Deutschland einen eher schlechten Ruf haben, hat die verschiedensten Gründe. Die individuell gestalteten Parzellen vermitteln oftmals nicht nur ein unschönes und chaotisches Bild, sondern stellen aufgrund von unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen auch eine Gefahrenquelle dar. Kommt es, bedingt durch den unsachgemäßen Umgang mit Feuer, defekten Elektroinstallationen oder einen unachtsamen Umgang mit Gasflaschen, zum Brand, machen zu eng bebaute Parzellen mit zu geringen Sicherheitsabständen die Bekämpfung von Flammen nahezu unmöglich. Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu Brandgeschehnissen, was nun viele Betreiber von Dauercampingplätzen vor eine doppelte Herausforderung stellt. Ein Balanceakt für Betreiber, die einerseits ihren Gästen den Freiraum für individuelle Gestaltungen lassen möchten, andererseits aber gewährleisten müssen, dass Sicherheitsvorschriften eingehalten werden. Denn nur so kann das Gesamtrisiko für den Platz und die Camper minimiert werden und ganz nebenbei auch das Schmuddel-Image vieler Plätze verbessert werden. Einige Betreiber haben bereits reagiert, haben strengere Kontrollen eingeführt, unerlaubte Anbauten abgerissen und Sicherheitsabstände rigoros überprüft.
Besonders hart getroffen hat es in letzter Zeit auch viele Dauercampingplätze im Bundesland Hessen. Rund um den Edersee im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg gab es drastische Schließungen. Den Plätzen fehlte es schlicht an Baugenehmigungen, Brandschutzvorgaben wurden nicht eingehalten. Im Juni 2023 wurde dort bei der Explosion einer Gasflasche ein Camper schwer verletzt, sieben Wohnwagen brannten nieder. In der Folge wurden nun viele Campingplätze kontrolliert und dabei jede Menge Mängel und Missstände festgestellt. Im Ergebnis mussten viele Dauercampingplätze schließen und nun aufwendig und kostenintensiv saniert werden. Das Augenmerk bei Kontrollen liegt auf den Parzellen, die manche Dauercamper durch Anbauten fast schon in Einfamilienhäuschen mit Vorgarten verwandelt haben. In Hessen gelten Campingplätze nach der hessischen Bauordnung als „Sonderbauten“. Betreiber benötigen für sie eine Baugenehmigung vom Kreis. Auf den Plätzen stehende Wohnmobile und Wohnwagen müssen demnach „jederzeit ortsveränderlich“ sein, also „in kurzer Zeit“ vom Platz weggefahren oder weggeschoben werden können. Gibt es feste Vorbauten, Unterbauten oder Dächer, gelten sie als „nicht ortsveränderlich“ und dürfen nur dann auf Campingplätzen stehen, wenn es eine Baugenehmigung gibt. Auch müssen in diesem Fall Abstands- und Brandschutzregeln beachtet werden, die für die Sicherheit der Camper sorgen. Das war bei vielen kontrollierten Plätzen nicht der Fall und diese wurden deshalb geschlossen.
Dicht an dicht – Abstand ist hier ein Fremdwort.
Nachgefragt beim Landesverband der Campingwirtschaft in Hessen e. V. (VCH e. V.)
Ernst-Rudolf Müller (1. Vorsitzender): „Dass auf Campingplätzen ein Sicherheitsabstand von mindestens drei Metern zwischen den Parzellen gefordert wird, hat eine gewisse Logik, denn dort liegen leicht brennbare Materialien sehr nahe beieinander. Ich war einmal Feuerwehrmann und weiß, wie stark der Flammenschlag sein kann. Viele Dauercampingplätze, nicht nur hier in Hessen, haben mit ihren baufreudigen Campern diesen Sicherheitsabstand und damit den Brandschutz leider außer Acht gelassen. 30 Jahre hat das ja auch niemand kontrolliert. Diese fehlenden Kontrollen haben neben den Sicherheitsmängeln auch dazu geführt, dass es dort heute teilweise wirklich dramatisch aussieht, alles andere als eine Campingidylle. Nun sagte die Genehmigungsbehörde aber „Stopp!“ und gab vor, dass für alles, was vermietet wird oder länger an einem Platz steht (Dauercamper) die Hessische Bauordnung gilt und diese einen Parzellenabstand von fünf Metern vorsieht. Vor circa sieben Jahren hat es auch auf meinem Campingplatz gebrannt. Durch die Nachlässigkeit eines Campers sind vier Mobilheime abgebrannt. Damals bin ich hellhörig geworden und habe mich mit dem Kreisbauamt und dem Brandschutz zusammengesetzt. Wir haben zusammen die Frage erörtert, wie Dauercampingplätze in der Zukunft aussehen könnten und vor allem, was auf solchen Plätzen stehen darf. Wir kamen zu dem Schluss, dass es beispielsweise Pavillons geben darf, deren Seitenwände offen und somit nicht brennbar sind. Hütten sollen statt aus Holz aus Blech sein, da dieses Material den Flammenüberschlag eher behindert als befeuert. Leider ist im Anschluss an unsere Treffen erst einmal wieder nichts mehr passiert, bis es letztes Jahr auf einem Platz gebrannt hat und auch eine Person zu Schaden gekommen ist. Daraufhin erinnerte sich das Bauamt und sagte: ,Oh, da war doch was! Jetzt müssen wir kontrollieren, bevor es Ärger gibt.‘ Gesagt, getan! Also wurde damit begonnen, die Plätze nach und nach zu kontrollieren. Bei den Begehungen wurden Berge an Müll auf den Parzellen sichtbar und es wurde klar, dass sehr vieles auf sehr vielen Plätzen im Argen liegt, oftmals sogar Genehmigungen völlig fehlen. Hier am Edersee sind circa 15 Campingplätze betroffen, auf zwei Plätzen sollen sogar derart erhebliche Gefahrenpotenziale erkannt worden sein, dass als Konsequenz sogar eine Nutzungsuntersagung angeordnet wurde. Am Bärensee wurde ein Platz mit 1.200 Einheiten mit sofortiger Wirkung geschlossen und geräumt. Mal sehen, wie es weitergehen wird. Viele dieser Plätze haben einen großen Investitionsstau, oftmals auch ein älteres Management, das gar nicht in der Lage ist, all die Mängel nun in Kürze zu beheben.“ (Karin Werner)
Fotos: Ernst-Rudolf Müller/Campingwirtschaft in Hessen e.V.