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Der Begriff des zweischneidigen Schwertes fand bereits in der Bibel Verwendung. Heute bezieht sich diese Redewendung in ihrer Bedeutung meist auf die Tatsache, dass Dinge sowohl von Vorteil als auch von Nachteil sein können. So gesehen ist auch die zunehmende Automatisierung ein zweischneidiges Schwert. Einerseits kann sie den Personalmangel auffangen und Platzbetreibern ihre Arbeitsabläufe vereinfachen. Andererseits sorgt die Automatisierung für mehr Anonymität und nimmt vielleicht den Plätzen das, was früher der Charakter des Campings war: persönlicher Kontakt und Kommunikation mit dem Gast. Wie sehen das Platzbetreiber? Wir haben nachgefragt.
Katherin Kleingarn, Insel-Camp Fehmarn (Schleswig-Holstein)
Ich sehe die fortschreitende Automatisierung auf Campingplätzen positiv, automatische Kennzeichenerkennung oder
die Abwicklung der Kurtaxe durch den Gast über eine App erleichtern den Arbeitsprozess.
André Balogh, Bergoase (Sachsen)
In einigen Bereichen mag die Automatisierung sinnvoll sein, ansonsten sind wir natürlich gerne weiter persönlich für unsere Gäste da.
Fanny Kinkel, Blütencamping Riegelspitze (Brandenburg)
Ich gehe ganz stark davon aus, dass die Automatisierung die Zukunft sein wird. Es wird immer schwieriger, das richtige Personal zu finden und die Gäste möchten nicht von Rezeptionsöffnungszeiten abhängig sein.
Christian Schreiber, Camping Rudelsburg (Sachsen-Anhalt)
Ich sehe die Automatisierung als sinnvoll und notwendig an, um Personalknappheit zu kompensieren. Im Jahr 2023 werden wir noch in einen Check-in-Automaten investieren, um die Rezeption zu entlasten.
Ernst-Rudolf Müller, Camping- und Ferienpark Teichmann (Hessen)
Das ist die Zukunft.
Rolf Kopper, Campingplatz am Nordseestrand (Niedersachsen)
Trotz der vielen Vorteile der Digitalisierung und Automatisierung ist es uns wichtig, dass unsere Gäste auch noch immer persönlichen Kontakt haben. Egal ob durch unser Call-Center oder später vor Ort: Ein netter Schnack ist immer ein guter Grund für einen Wiederholungsbesuch.
Björn Andres, Fortuna Camping am Neckar (Baden-Württemberg)
Ich sehe die fortschreitende Automatisierung sehr positiv. Ich habe selbst eine Brötchenbestellsoftware namens clickabread.com entwickelt, welche ich an Campingplätze wie z. B. den Wirthshof verkauft habe. Mittels dieser Software erledigt sich die umständliche Brötchenbestellung sehr einfach für Gast und Betreiber. Der Gast kann einfach mit dem Handy oder vor Ort an einem Touchscreen seine Bestellung aufgeben und ich als Betreiber erhalte abends automatisch eine Packliste und mein Bäcker erhält eine Produktionsliste. In unserem Fall werden die Brötchen sogar morgens mit dem Elektromobil dem Gast an den Platz gefahren und die Kosten auf der Rechnung notiert. Ferner ist unser Buchungssystem an das Schrankensystem von Arnold gekoppelt. Wenn man bei uns online bucht, ist man automatisch eingecheckt und kann am Tag der Anreise einfach von 15 bis 22 Uhr selbstständig anreisen und seinen Platz beziehen. Die benötigten Unterlagen wie Platzplan usw. bekommt jeder Gast per E-Mail mit seiner Buchungsbestätigung zugesendet. Ich würde in nächster Zeit gerne in ein Check-in-Terminal investieren, um auch Gästen, die nach den Rezeptionszeiten anreisen, einen Check-in zu ermöglichen.
Uwe Fischer, Naturcampingplatz Zum Hexenwäldchen (Mecklenburg-Vorpommern)
Es kommt auf die konzeptionelle Ausrichtung an. Im Grunde ist gegen eine technische Automatisierung von anonymen Dienstleistungen nichts einzuwenden, allerdings ist meines Erachtens nach der persönliche Kontakt im Kerngeschäft am Gast unverzichtbar. Da geht die Branche vielleicht einen gefährlichen, gesichtslosen Weg.
Frank Klingelhöfer, Camping Drei Gleichen (Thüringen)
Ich sehe dieses Thema als notwendig an, insbesondere um das fehlende Personal zu ersetzen. Kritisch ist, dass viele Platzbetreiber die Automatisierung bzw. die Digitalisierung zwar nach bestem Wissen und Gewissen umsetzen, es aber ein Best-Pratice-Beispiel braucht, um Handhabung zu standardisieren, um auch angeleitete Anforderungen besser an die Hersteller zu kommunizieren. Viele Gäste stehen am Check-in und stellen die nicht unberechtigte Frage: „Und wie funktioniert das jetzt alles bei euch?“ Eine einheitliche Verfahrensweise wäre wünschenswert.
Lisa Rähm, Spreewald-Natur-Camping Am Schlosspark (Brandenburg)
Aktuell sind bereits jetzt viele Betreiber gezwungen, den Weg in automatisierte Prozesse zu gehen (Check-in-Automaten etc.). Grund ist das größte Problem für die Tourismusbranche im Allgemeinen: der Personalmangel. Campingplatzbetreiber finden keine neuen Mitarbeiter, keine Nachfolger. Obwohl alle Dienstleistung erfahren wollen, ist aber niemand mehr bereit, sie zu erbringen. Durch die Automatisierung wird der Servicecharme von Campingplätzen zusehends verloren gehen. Es werden sich Konflikte auftun. Mit steigenden Preisen werden Unternehmer versuchen gegenzusteuern, um Mitarbeiter zu halten. Gleichzeitig werden die höheren Preise von Gästen nicht als gerechtfertigt befunden. So geht der menschliche Aspekt, das Wir beim Campen, verloren. Automatisierung scheint ein toller Ansatzpunkt in rein produzierenden Gewerben zu sein. Die persönliche Dienstleistung hebt sich unserer Ansicht nach aber durch gelebte Kommunikation, die tägliche Empathie für den Gast und schnelle Lösungen in kommunikativer Sicht deutlich von automatisierten Abläufen ab. Ein Lächeln zur Begrüßung nach einer erschwerten Anreise wird nie durch ein „Guten Tag“ von einem Aluminiumschrank ersetzt werden können und dürfen.
Norbert Schadendorf, Camping Tante Henni (Schleswig-Holstein)
Die Automatisierung sorgt für niedrigere Kosten im Betrieb. Folglich kann der Gast günstiger übernachten. Das ist das gleiche Prinzip wie in anderen Branchen auch.
Fazit: Alle befragten Platzbetreiber sind sich einig. Es braucht eine Automatisierung, es braucht aber auch weiterhin den persönlichen Kontakt zum Gast. Geht das aber künftig zusammen? Wir sind gespannt.
Ja, nein, vielleicht: Buchungsplattformen
Fragt man bei Platzbetreibern nach, ob sie bei Buchungsplattformen vertreten sind, fallen die Antworten sehr unterschiedlich aus. Es gibt Plätze, die seit Jahren Pincamp und Co. Nutzen und andere, die auf den Portalen zwar vertreten, aber nicht buchbar sind. Außerdem sind da noch jene, die eine Nutzung für 2023 planen und jene, die dem Thema kritischer gegenüberstehen.
Rolf Kopper, Campingplatz am Nordseestrand (Niedersachsen)
Gerne würden wir uns über andere Plattformen wie Pincamp buchen lassen. Dazu müsste aber deren Provisionsmodell umgestellt werden – auf eine Mark-on-Regelung, sodass der Platzbetreiber die volle Stellplatzgebühr bekommt. Der Gast zahlt die Provision dann zusätzlich und hat je nach Buchungsplattform unterschiedliche Preise. Das wird von Gästen bei Flugreisen, Hotels und Ferienwohnungen bereits jetzt akzeptiert.
Katherin Kleingarn, Geschäftsführung Insel-Camp Fehmarn (Schleswig-Holstein)
Mit Buchungsplattform arbeiten wir aus Prinzip nicht, da wir keine Provisionen an Drittanbieter zahlen möchten, so lange hierzu keine Notwendigkeit besteht.
Björn Andres, Fortuna Camping am Neckar (Baden-Württemberg)
Mit Buchungsplattformen arbeiten wir nicht zusammen, da dies meine Arbeit nur vervielfachen würde. Ich muss Kontingente bei diesen Anbietern einpflegen, aber weder Pincamp, ACSI oder Camping.info können die komplexen Bedingungen darstellen, die bei meinem Buchungssystem hinterlegt sind. Beispiel: keine Zelte auf Plätzen mit Betonplatten, keine Haustiere in Mietunterkünften, Mindestbuchbarkeiten bestimmter Plätze zu bestimmten Zeiträumen usw.