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„Ziel ist es, ein vernetztes und multifunktionales Ökosystem zu entwickeln und zu erhalten. Dabei sollen vorhandene Ressourcen effizient genutzt und deren Verbrauch sowie der Energieverbrauch verringert werden.“ Bill Morrison
Anpassungsstrategien
Sind klassische Gärten und Wiesenflächen bald passé, wenn die Sommer immer heißer und trockener werden? Wunderschöne und klimaresistentere Alternativen gibt es viele.
Erst kürzlich warf der FOCUS-Kolumnist Jan Fleischhauer die Frage auf, ob der Mensch neben der Flug- und Fleischscham auch die Rasenscham kennt – und die nächste Generation daraus lernen wird, dass in einem Haus mit einer grünen Wiese automatisch Wasserverschwender leben? Ob das so sein wird, wissen wir noch nicht. Fakt ist aber, dass Wiesen und Gärten, so wie wir sie heute kennen, mit dem voranschreitenden Klimawandel keine blühende Zukunft mehr haben werden. Die gute Nachricht: Es gibt viele Möglichkeiten, Außenbereiche so zu gestalten, dass sie mit dem Klimawandel besser zurechtkommen. Alte Gartenformen, die oftmals in Vergessenheit geraten sind, erleben eine Wiedergeburt. Diese Klimagärten bewähren sich bestens bei Hitze, Trockenheit und Dürre.
Schattengärten: Reduzieren die Temperatur und senken den Wasserverbrauch
Steigen die Temperaturen, sucht man den Schatten. Unter hohen Baumkronen fühlt sich der Mensch, aber auch viele attraktive Pflanzen wohl. Der Schattengarten führt in Mitteleuropa ein noch sprichwörtliches Schattendasein. Wenn die Temperaturen auch in unseren Breitengraden steigen und die Sonneneinstrahlung zunimmt, wird er sich in Zukunft auch bei uns etablieren. An heißen Tagen können schattenspendende Bäume und Sträucher die Lufttemperatur im Vergleich zu offenen, unbeschatteten Plätzen um bis zu 10°C senken. Die durch den Halbschatten reduzierte Menge an Sonnenlicht reicht jedoch aus, damit viele Nutz- und Zierpflanzen gut gedeihen können. Sogar manch sonnenliebende Pflanze verträgt den Halbschatten. Freie Flächen im Schattengarten sollten mit immergrünen Bodendeckern bepflanzt werden, um die Bodenfeuchtigkeit gut zu halten.
Bepflanzung
Blattschmuckpflanzen: Funkien, Farne
Blühende Pflanzen: Elfenblume, Anemone, Rhododendron, Azalee
Im tiefen Schatten: Lilientraube, Tränendes Herz, Schaumblüte, Immergrün, Prachtspiere
Im Halbschatten: Sterndolden, Fingerhut, Herbstanemonen, Storchschnabel
Farn, Funkien, Rhododendren und Purpurglöckchen gedeihen hervorragend im Schattenbereich. Foto: AdobeStock_414352938
Senkgärten: Für ein gutes Mikroklima
Senkgärten kennt man aus der italienischen Renaissancezeit. Ende des 19. Jahrhunderts wurden sie dann in den Country-Gärten Südenglands mit dem Namen „sunken garden“ adaptiert. Anfang des 20. Jahrhunderts kamen sie dank des berühmten Staudenzüchters Karl Forster auch in Deutschland an. Ein Senkgarten wird in quadratischer, rechteckiger oder runder Form in eine Senke des Bodens gesetzt und mit einer Steinmauer umgeben, deren Höhe mit der umgebenden Fläche abschließt. Die Mauerfassung speichert tagsüber Wärme und gibt sie im Laufe der Nacht langsam wieder ab, was für ein ausgeglichenes Kleinklima sorgt. Der Boden eines Senkgartens sollte auf jeden Fall unversiegelt sein, damit Regenwasser besser abfließen kann. Noch besser: am tiefsten Punkt einen ebenerdigen Gartenteich anlegen, in dem sich Regenwasser sammeln kann und zur Wasserreserve für trockene und heiße Sommertage wird. Kalte Luftströme werden das ganze Jahr von der schützenden Mauer abgehalten. Zusätzliche Sitzblöcke oder Treppen laden ein, an lauen Sommerabenden in dieser Oase zu verweilen.
Bepflanzung
Ein Senkgarten kann auf verschiedenen Ebenen bepflanzt werden:
Oben: heimische Arten, wie Stauden, Gräser und blühende Pflanzen
Unten: mediterrane und empfindlichere Gewächse, sogar Orchideen
Mit Mauern und Bänken aus unterschiedlichen Materialien lassen sich abgesenkte Bereiche dekorativ gestalten. Foto: AdobeStock_375129591
Präriegärten: Pflegeleichte Hingucker
Wer einen Steppen- oder Präriegarten anlegt, ist gut gerüstet für den Klimawandel. Die Gräser und die trockenheitsliebenden und robusten Stauden halten großer Hitze, eisigen Temperaturen (ohne Schnee) und Starkregen stand. Sie stellen nur eine Bedingung: Sie wollen einen durchlässigen Boden und einen Platz in der vollen Sonne. Die eher anspruchslosen Steppenpflanzen können langen Hitze- und Trockenperioden trotzen, brauchen wenig Wasser und helfen so, Ressourcen zu sparen. Sie haben sich seit Jahrhunderten entwickelt und dominieren heute die Vegetation in unterschiedlichen Regionen. Man findet sie in den Steppen Asiens, in den afrikanischen Savannen, im Outback Australiens oder in der Pampa Südamerikas. Das macht sie widerstandsfähig gegen den Klimawandel und pflegeleicht für den Gärtner. Seit einigen Jahren ist diese Gartenform auch in Mitteleuropa angekommen und findet immer mehr Liebhaber. Die Angst, dass diese Steppengärten wie eine eintönige Graslandschaft wirken, ist unbegründet. Im Gegenteil: Sie verzaubert mit zarten Gräsern und prächtigen Blütenstauden.
Bepflanzung
Blütenstauden: Sonnenbraut, Sonnenhut, Mädchenauge, Staudensonnenblumen, Astern, Purpursonnenhut, Prachtscharte, Ehrenpreis, Goldrute, Blauraute, Indianernessel
Gräser: Indianergras, Rutenhirse, Büffelgras, Moskitogras, Vanillegras, Tropfengras, Fontänengras, Reiherfedergras, Riesenfedergras
Lassen wir Gräser darüber wachsen. Foto: AdobeStock_414352938
Permakulturgärten: Nachhaltiges Ökosystem
Der Begriff Permakultur leitet sich vom englischen Begriff „permanent (agri)culture“ ab und bedeutet „dauerhafte Landwirtschaft oder Kultur“. Geprägt wurde diese Methode maßgeblich von dem Australier Bill Mollison. Ein Permakulturgarten arbeitet nicht gegen, sondern mit der Natur und ahmt widerstandsfähige, stabile und gut funktionierende Ökosysteme und natürliche Abläufe nach. Die Artenvielfalt (Mischkultur) ermöglicht es, dass Pflanzen gegenseitig voneinander profitieren können. Zeitaufwändige Aufgaben wie Unkrautjäten, das Zurückschneiden der Pflanzen und das Bearbeiten des Bodens fallen fast komplett weg. Beim Anlegen eines solchen Gartens wird der Boden nur aufgelockert, jedoch nicht umgegraben. Hier dürfen die Pflanzen wachsen, wie sie wollen, denn sie wissen, was sie tun.
Bepflanzung:
Erbsenstrauch, Sauerampfer, Minze, Baumkohl, Meerkohl, mehrjähriger Rucola, Etagenzwiebeln, Kopfsalat, Mangold, Rote Bete, Schnittknoblauch, Sibirischer Portulak usw.
Steingärten: Schräglagen sind ihre Stärke
Wie der Name schon sagt, stehen bei dieser Gartenform Steine und Kies im Fokus. Ein gut durchdachter Steingarten muss aber dennoch keine nüchterne Fläche sein, wie man sie leider oft vor Einfamilienhäusern sieht. Ein Steingarten kann auch als üppig blühende Landschaft begeistern, eine kleine Gebirgsflora mit alpinem Charme. Einmal richtig angelegt und angepflanzt, ist diese Gartenform mit wenig Aufwand zu pflegen. Sollte kein Hang zur Verfügung stehen, können solche Flächen auch künstlich aufgeschüttet werden.
Im Chelsea Physic Garden in London wurde bereits 1773 ein Steingarten angelegt. Dafür wurden unter anderem Steine von den Abbrucharbeiten im Tower of London angekauft. Er steht heute unter Denkmalschutz.
Bepflanzung:
Bodendecker und Polsterstauden: Blaukissen, Steinkraut, Polsterphlox, Schleifenblume, Walzenwolfsmilch
Zwiebelblumen: Elfenkrokus, Enzian, Blaue Traubenhyazinthe, niedrige Wildnarzissen, Zierlauch, Wilde oder Botanische Tulpen
Wie in Stein gemeißelt: wunderschön und anspruchslos. Foto: AdobeStock_296977601
Je nach Bodenbeschaffenheit und Klima sind auch Landschaftsgartenmischformen möglich. Foto: AdobeStock_312613239