Michael Maurer mit seiner Frau Angela
Die Devise: Bloß nicht aufgeben!
Dass Michael Maurer heute alte Tabbert-Wohnwägen restauriert, war keineswegs geplant, sondern dem Umstand eines blauäugig getätigten Kaufs geschuldet. Und dass sich dieser vermeintliche Fehlgriff später als Glücksgriff herausstellen sollte, der den Grundstein für ein wahrlich innovatives Projekt gelegt hat, begeistert daher umso mehr.
Wunderschöne Kindheitserinnerungen wurden geweckt, als Michael Maurer 2018 das Campen wiederentdeckt hat. Ab da wurde fast jedes Wochenende das Zelt gepackt und gemeinsam ging es mit Frau Angela und dem damals vierjährigen Sohnemann raus in die Natur. Das hat aber nur so lange Spaß gemacht, bis sie ihre Behausung mehrfach im Regen abbauen und klatschnass nach Hause befördern mussten. So kam ein kleiner Wohnwagen ins Leben der Maurers. Mit ihm ging es sogar auf große Europatour. Zehn Länder in drei Wochen – total verrückt und abenteuerlich, ein echter Roadtrip eben. Wieder zu Hause, bemängelte Angela die fehlende Toilette und den doch sehr begrenzten Platz, also musste ein Neuer her. Ein Wohnwagen aus den Siebzigern sollte es werden, entweder ein Eriba wegen seiner Form oder ein Tabbert, dessen Dachnase ein Kriterium war. Mit überschaubarem Budget machte sich Maurer auf die Suche, tauchte in die Wohnwagenwelt ein, sondierte die Lage und recherchierte, was es so alles auf dem Markt gibt. Bald war ein Kandidat gefunden – ein Tabbert in Oldenburg. Er war riesig, viel größer, als eigentlich geplant. Da das Familienauto aber die nötige Zugkraft hatte, sollte er begutachtet werden. Beim Besichtigungstermin war ihm ein eigenartiger Geruch im Inneren des Wohnwagens aufgefallen. Seine kurz aufflackernden Bedenken wurden vom Verkäufer aber gleich zerstreut – es handle sich lediglich um den typischen Oma-Wohnwagenduft. Michael wusste zu diesem Zeitpunkt ja noch nichts über undichte Wohnwägen mit Wasserschaden, schöpfte folglich auch keinen Verdacht, dass etwas kaputt sein könnte. Er glaubte dem Anbieter, zahlte und nahm ihn mit.
El Gordo: bei der Abholunng
El Gordo wird restauriert
El Grodo erstrahlt in neuem Glanz
Tag der Ernüchterung
Zu Hause angekommen, hängte Maurer die Vorhänge ab und entdeckte in einer Ecke Schimmel, aber das war nur der kleine Anfang einer großen Misere. Als gelernter Tischler ging er der Sache auf den Grund. Er tastete die Wände ab und stellte dabei fest, dass das Sperrholz, das Gerüst des Wohnwagens, aufgrund von Feuchtigkeit wohl jahrelang gemütlich vor sich hin gegammelt und sich zu einer Art Brei zersetzt hatte. Große Flächen der Neuanschaffung waren schlicht kaputt. Sein ursprünglicher Plan, innen lediglich neu zu streichen, die Gardinen zu wechseln und loszufahren, ging nun nicht mehr auf. Hatte er das Projekt in den Sand gesetzt? Desillusionierung machte sich breit. Wäre damals jemand vorbeigekommen, hätte ihm 100 Euro in die Hand gedrückt, er hätte sie sofort genommen, Hauptsache weg mit dem Ding. Es kam aber niemand, was also tun? 14 Tage schmollen oder hier und jetzt eine Entscheidung treffen? Er entschied sich für Zweiteres. Da das rollende Haus ohnehin schon kaputt war, konnte er keinen weiteren großen Schaden anrichten und wagte eine Reparatur. Er beschäftigte sich intensiv mit der Geschichte von Tabbert, besorgte sich alle Unterlagen, die er bekommen konnte und in einschlägigen Foren im Internet bekam er zusätzlich zahlreiche Informationen und viele Ratschläge. Los ging’s, er krempelte die Ärmel hoch, schlug eine große Plane über den Wagen und begann das Wrack von innen zu entkernen. Eine schwierige Arbeit, denn dieser Wohnwagen ist von innen nach außen aufgebaut. Folglich musste er sich durch das innere Sperrholz arbeiten, um an die äußeren Wände zu kommen. Irgendwann hatte er es geschafft, vom Wohnwagen war nur noch die äußere Hülle und das blanke Alublech zu sehen. Nun ging es an die Rekonstruktion der kaputten Holzteile und an die neue Isolierung der Wände, was gut und gerne drei Monate gedauert hat. Da all der Aufwand aber nur die halbe Miete gewesen wäre, musste er nun auch dafür Sorge tragen, einen erneuten Wassereintritt zu verhindern und erneuerte alle defekten Dichtungen. Aber wo bekommt man Dichtungen für ein Modell aus den 70er-Jahren her? Schnell wurde ihm klar, dass er sich nun auf einem Weg befand, den vor ihm wohl noch niemand beschritten hatte – also auch niemand da war, den er hätte fragen können. Aufgeben war für ihn natürlich keine Option, er suchte und optimierte weiter und kam schließlich ans Ziel. Der Tabbert war dicht.
El Gordo
Jeden Schritt seiner Restaurierungsarbeiten hat Michael auf seiner Facebookseite gepostet und stieß damit auf reges Interesse bei seinen Followern, die ihn auch mental bei seiner Unternehmung unterstützt haben. Die Gemeinde wuchs stetig, was ihn immer bekannter machte. Eines Tages wurde auch das Hymer-Museum auf ihn aufmerksam, lud ihn samt Wohnwagen zum Sommertreffen ein. Ab da nahm der Trubel um Maurers Tabbert seinen Lauf. Was er bis zu diesem Zeitpunkt nämlich nicht wusste: Er besaß ein ganz besonderes Modell, einen Tabbert Europa 600. Diesen ursprünglich von Schaustellern genutzten Wohnwagen gab es so wohl kein zweites Mal mehr. Er hatte also, ohne es zu wissen, etwas ganz Besonderes geschaffen, hatte einen verrotteten Oldtimer in ein piekfeines Exemplar verwandelt. Es kamen sogar aus Korea Kaufangebote, für die Maurers stand aber fest, den geben sie nicht mehr her und nannten ihn „El Gordo“. Was für ein passender Name, bedenkt man, dass auch die spektakuläre spanische Weihnachtslotterie diesen Titel trägt. Als ihn immer mehr Reparaturanfragen erreichten und eine gesundheitliche Einschränkung seinen Beruf immer mehr beeinträchtigte, war das wohl genau der richtige Zeitpunkt, die Chance zu ergreifen und einen Neuanfang zu wagen. Er hängte also seinen Beruf als Tischler an den Nagel und gründete – ganz ohne Kapital – eine eigene Firma. Dieser mutige Schritt wurde belohnt. In den folgenden drei Jahren legte Maurer eine echte Bilderbuchkarriere hin. Er darf sich heute Tabbert Classic Partner nennen, wurde auf den Caravan Salon eingeladen, um aktuelle Restaurationsobjekte vorzustellen und bekommt jede Menge mediale Aufmerksamkeit. Er repariert im Kundenauftrag alte Tabberts, verfolgt eigene Projekte, baute einen Onlinehandel für Ersatzteile auf und lässt Dichtungen, die es nicht mehr gibt, neu produzieren. Heute kennt ihn jeder in der Szene. Sucht man im Internet nach einem alten Tabbert, wird es nicht lange dauern, bis der Name Michael Maurer fällt.
Eine großartige Geschichte, die auch davon erzählt, dass nichts umsonst ist, was man tut und dass Mut, Durchhaltevermögen und ein klares Ziel vor Augen zu einem echten Erfolgserlebnis werden können.
Mehr Infos unter: www.caravanclassics.de
Fotos: Michael Maurer